Topografie und Infrastruktur

Ein wichtiges Kriterium, warum die meisten Menschen sich als Krone der Schöpfung sehen, ist die Fähigkeit des Menschen, die Natur für seine Zwecke umgestalten zu können. Davon machten auch die Glashäger seit jeher gebrauch und das; mal mehr, mal weniger. Verschont geblieben sind wir, dankenswerter Weise, von den ganz großen Veränderungen. In unserer Region wurden keine Flüsse umgeleitet oder neu gegraben, keine Berge abgetragen oder neu aufgeschüttet, keine kilometertiefe Löcher in die Erde gegraben oder Landstriche radioaktiv oder chemisch verseucht. Es sieht auch nicht danach aus, dass derartiges in Zukunft passiert. So beschränkt sich die Einflußnahme auf das Umfeld in der Hauptsache auf den Straßen- und Wegebau im Ort und rundherum.

Flurnamen sind Ortsbezeichnungen innerhalb einer Gemeindeflur, die eine allgemeine oder genauere Ortsbestimmung zulassen. Innerhalb der Kommunikation der Menschen bei der Beschreibung eines bestimmten Ortes oder auch der Abfassung von Verträgen haben sie von alters her und gerade früher eine sehr wichtige Rolle gespielt. Die Auffindung bestimmter frei in der Natur liegender Flächen war nur so möglich.

Wir erinnern uns an die geschichtliche Entwicklung des Feldbaus. Erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde auf den Dörfern die Wirtschaft auf unzähligen kleinteiligen Ackerflächen abgeschafft. Die Flurnamen haben unterschiedliche manchmal aussagekräftige Bezüge . Häufig die Landschaft beschreibende, wie Wiesen, Weiden, Moore, Büsche, Bäume, Gräben, Teiche usw.. Häufig auch Ereignisse oder Namen von Personen oder Tieren. Meistens sind sie an die ortsgebundenen Dialekte und Ausdrucksweisen gebunden, möglichst von einer gewissen Unverwechselbarkeit.

Die in unserer Gegend dankenswerter Weise recht zahlreich überlieferten Flurnamen

sind in dem hier beschriebenen Gebiet in keinem Fall wendischen Ursprungs, wie gelegentlich anderswo. Auch unterliegen sie mit der Zeit sprachlichen Verwischungen. Ohne Zweifel eignen sich Flurnamen und ihre Deutung besonders in weiteren Zusammenhängen zur Ableitung einiger Rückschlüsse auf das Leben unserer Vorfahren. Die Flurnamenforschung ist ein spezielles Gebiet der Heimatkunde. Aus verschiedensten Gründen sind schon zu sehr früher Zeit Karten und Verzeichnisse gefertigt worden bis hin zu Meßtischblättern, ausgestattet mit genauesten zeitgemäßen Koordinatensystemen.

Wir verfügen gegenwärtig über zwei überlieferte Listen von Flurnamen, die Anfang des 20. Jahrhunderts unter Mitwirkung von ortskundigen Gewährsleuten aufgestellt wurden. Leider bisher nicht über entsprechende örtliche Zuordnungen. Dem Gutsbesitzer des Hofes Glashagen, 1906 bis 1912, Hans von Blücher , Ordentliches Mitglied des Vereins für Mecklenburgische Geschichte (Nennung in 1908-er Mitgliederliste) verdanken wir die größere Liste der Flurnamen für den Hof Glashagen. Herr von Blücher beruft sich seinerseits auf den Einwohner Bohsack, dessen Familie seit mindestens 1869 auf dem Hof lebt. (Volkszählung) Eine Liste der Flurnamen für das Dorf Glashagen hat der Förster Fietensee aufgestellt, der von 1899 bis 1930 hier gedient hat. Die hier gemachte Wiedergabe geschieht so wie übernommen, einschließlich der gelegentlichen Beifügungen.

Aus einer älteren Karte, die sicherlich unter Zuhilfenahme einer noch älteren ausdrücklichen Jagdkarte gezeichnet wurde und das Gebiet der Jagdgenossenschaft Retschow zeigt, habe ich die dort aufgeführten Flurnamen entnommen . Es sind etwa dreißig und erstaunlicherweise keine aus den beiden anderen Listen dabei. Offensichtlich gab es getrennte Flurnamen für den landwirtschaftlichen und den jagdlichen Gebrauch! Die Flurnamen auf der Jagdgenossenschaft Retschow sind alle Namen in hochdeutscher Sprache genannt, während alle anderen in Niederdeutsch (Plattdeutsch) gehalten sind. Die heutigen Jagdpächter gehören im übrigen zu den letzten Bewohnern, die noch Flurnamen (manchmal sogar die alten) untereinander gebrauchen. Es ist gelegentlich möglich daß man im Redegebrauch heute ganz andere, selbsterfundene neue oder umbenannte Namen benutzt, die den gleichen Zweck wie die früheren erfüllen. – Auch eine Eigenschaft der Flurnamen.

Für Glashagen Hof die Flurnamen

  1. Möhlenhurn (Mühlenhorn)
  2. Düvelsbarg (Teufelsberg)
  3. Krakenblock (Krähenblock)
  4. Winkellerbarg (Weinkellerberg)
  5. Winkeller (Weinkeller)
  6. Goldbäk (Goldbach)
  7. Henningsbruch
  8. Henningsbruchsblock
  9. Henningshof
  10. Wiedenlockblock (Weidenlochfeld)
  11. Wiedenlock (Weidenloch)
  12. Licken-oder Litenbarg ()
  13. Schapwasch (Schafwäsche)
  14. Schapwaschblock
  15. Wullock (Wollloch)
  16. Schwarten Moor (Schwarzes Moor)
  17. Dunnerbarg (Donnerberg)
  18. Blankenpaul
  19. Krumm Mur (krummes Moor)
  20. Schäpersal (Schäfersal)
  21. Dreiblattslockblock (Feld am Dreiblattsloch)
  22. Antenlock (Entenloch)
  23. Liten oder Likengraben
  24. Mergelblock (Mergelfeld)
  25. Kielschlag (Keilacker)
  26. Kivittblock (Kiebitzfeld)
  27. Kaninkenlock (Kaninchenloch)
  28. Kaninkenblock (Kaninchenfeld)
  29. Dodenlock (Totenloch)

  1. Kahlen-Eik (Kahle Eiche)
  2. Klocktorm-Schesenlock (Uhrenturm-Kutschenloch)
  3. das Lange Räd (Lange Rede)
  4. Schelplock (Schelploch)
  5. Nätkuhl (Nasse Kuhle)
  6. Nätblock (Nasses Feld)
  7. Rappelkuhl (Rappel= verrücktes Gehabe- Kuhle)
  8. Schäperdiksblock (Schäferteichsfeld)
  9. Grundlos Muhs ()
  10. Witten Heck (Weiße Hecke)
  11. Schäperdik (Schäferteich)
  12. Backabenblock (Backofenfeld)
  13. Widensollblock (Weidensollfeld)
  14. Widensoll (Weidensoll)
  15. Wüstenholt (Wüste Holzung)
  16. Stikkelbiirkul (Stachelbeerkule)
  17. De Quäk (Die Quecke (Unkraut))
  18. Waaken ()
  19. Plüggenkoep ()
  20. Galgenbarg (Galgenberg)
  21. Stülowsche Handwiserblock (Stülowsches Handweiserfeld)
  22. Schwanenhals
  23. Englisch-Gohren (Englischer Garten)
  24. Schlopplock (Schlafloch)
  25. Tempelhäger Stieg
  26. Tempelhagen
  27. Drei Böhm (Drei Bäume)

Für Glashagen Dorf die Flurnamen

  1. Ollendeelsmuhr
  2. Baakwisch
  3. Bohrenbarg
  4. Bottermähl (Katen)
  5. Brandmoor
  6. Fetthamelsoll
  7. Fischpaul
  1. Gooskuhl
  2. Kampsbarg
  3. Landenmoor
  4. Quärk
  5. Scheerenbarg
  6. Vossmoor

Zur Deutung der Flurnamen hat Karl Baumgarten [9] einige Bemerkungen gemacht: Zum Hof, die lfd. Nr. 1 grenzt an die Stülower „Bodenmühle“; zu 4.und 5. am Südhang bauten die Mönche vermutlich ihren Wein; zu 7.-8a nach einem Bauern Henning; 11. sollen Urnen gefunden sein- vermutlich aber wohl lit=Abhang; 31. Der Sohn des Arbeiters Garve ist dort in den 30er Jahren im Eise eingebrochen; 35. vermutlich von Ried=Bach; 37. sollen Nüsse gefunden sein, vermutlich aber von Röt=Kuhl (vom Flachsrösten); 47. von quöken,quaken, winseln; 48. und 49. zwei Bauernnamen; 57. angeblich alter Name von Glashagen, gedeutet als alter wendischer Tempelbezirk.

Der häufig vorkommende Begriff „Block„wurde in mitelalterlichen Flurverfassungen für einen Ackerstreifen (durch Beinamen näher bestimmt) innerhalb einer zusammenhängenden unregelmäßigen Fläche bezeichnet. [50]) Diese Ackerstreifen hatten einen regelmäßigen gut zu bearbeitenden Zuschnitt erhalten und waren dann verpachtet.

Ins Hochdeutsche gebrachte Flurnamen des Dorfes: 1. Altenteilsmoor, 2. großer, kräftiger Bursche Wiese, 3. Bohrenberg, 4. Buttermehl, 8. Gänsekuhle, 9. Ackerberg.

Aus der Karte der Jagdgenossenschaft Retschow entnommene Flurnamen

Auf der Feldmark der Hufe I liegen: 1. Langes Moor 2. Fuchsmoor. Hufe II : 3. Bauter Bruch. Hufe III: 4. Schön Wisch.

In der Gesamtforst befinden sich (ungeordnet): 5. Papenmoor 6. Großes Fahlenmoor 7. Kleines Fahlenmoor 8. Großer Pannenstehr 9. Voßmoor 10. Boldebas Grund 11. Rethmoor 12. Hirtenwiese 13. Landwegsmoor 14. Blanksoll 15. Scheidensoll 16. Krohnsmoor 17.Rügenmoor 18.Hohes Holz 19. Hohes Moor 20. Schulbuschwiese 21. Ochsenhals 22. Wakenkammer 23. Bullmannskoppel 24. Großes Böckmoor 25. Fichtenkammer 26. Rehhorst 27. Buchenberg 28. Kleines Fahlenmoor 29. Kleine Lille 30. Käter Dim 31. Pepersberg 32.Snakenbarg 33. Bornberg 34. Biester Wisch 35. Bit Heidenholt.

Repro um 1995 aus alten Flurkarten mit historischen Flurnamen, [aus Privatbesitz Holger Pentzin, Retschow]


Ein unbekannter Autor hat, nach Veröffentlichungen von K. F. Schmettau, einen Lageplan von Glashagen Ende des 18. Jahrhunderts erstellt:


Wegebau in Glashagen

An der Schwelle zum 19. Jahrhundert war die Wegeführung durch die Dörfer Mecklenburgs eine gänzlich andere als heute. Nachfolgende Karte gibt eine gute Vorstellung dazu: Beispielsweise war die markierte Straße von Wismar nach Rostock ab dem Mittelalter eine wesentliche, wenn nicht sogar „die“ von West nach Ost verlaufende Handelsstraße. In userem Bereich befand sich im Dorf Retschow die Anbindung in Richtung Nord-Süd. Dieser Knotenpunkt wird ausdrücklich in einem Edict von 1701 genannt.

Erst die Fertigstellung der heutigen F 105 ermöglicht 1848 die Umwidmung dieser Straße zu einem untergeordneten sog. Comunikationsweg. 1) Medien 1702- Edict -Wege und 2) 1800- Mecklenburger Fernstraßennetz-2

1850 gab es im Schulzenhaus ein Treffen mit dem Amtsrat Hundt. Dort wurde über die Befestigung eines Weges durch das Dorf gesprochen. Wegen seiner Bedeutung und der Aussicht auf eine endlich befestgte Dorfstraße wurde der Inhalt des Treffens protokolliert:


Die Wegebesserung im Dorf ist ein dauerndes Problem und über viele Jahrhunderte eine der ersten öffentlichen Leistungen der Dorfbewohner. So enthält das Protokollbuch der Gemeinde viele diesbezügliche Eintragungen. Das ewige Mittel zur Wegebesserung war Kies, mit dem die schadhaften Stellen und Bereiche aufgefüllt wurden. Bestenfalls wurden, dort wo durch schwere Langholzfuhrwerke besondere Belastung bestand, sogenannte „Knüppel“ quer zur Fahrbahn als Kofferung unter dem Kies/Lehmgemisch eingebracht. Bei der ebenfalls problematischen Kiesbeschaffung mussten die Forstverwaltung oder ein Bauer mit „eigener“ Kiesgrube im Dorf, zum Beispiel Bauer Brinckmann in Reddelich gegen Bezahlung in Anspruch genommen werden.

Kartenmaterial

Artikel aktualisiert am 29.05.2024