Glashagens Bauernhöfe im Allgemeinen

Zum Verständnis der besitzrechtlichen Verhältnisse der Bauern zum Grund und Boden ist ein kurzer Ausflug in die Entstehungsgeschichte der mecklenburgischen Landwirtschaft hilfreich. Nach der Gründung des Klosters Doberan im Jahr 1170 begann die Besiedelung des Umfeldes innerhalb der vorhandenen schütteren wendischen Bebauung. Das Kloster erhielt sehr früh den Besitz einer Anzahl wendischer Dörfer und Ländereien durch Bischof Hermann zu Schwerin zugesprochen und erweiterte und festigte diesen ca. 300 Jahre lang. Man baute Kirchen und gründete Dörfer. Gleichzeitig wurde der Aufbau klostereigener Höfe (Grangien) durch die Mönche betrieben.

An dieser Stelle nehme ich auszugsweise den treffenden Beitrag der Heimatfoscherin Hanna Sauder [10] in Anspruch:

Von Hanna Sauder [10]

Fürst Borwin eröffnete 1218 das Land der Einwanderung. Er lud „von nah und fern christliche Siedler ein“, sich in dem „menschenarmen und dem Dienst der Domänen ergebenen Lande“ anzubauen. In erster Linie mögen es wirtschaftliche Gründe gewesen sein, die ihn zu diesem Schritt bewogen, die Hebung der Kultur des Landes durch die tüchtigen deutschen Bauern. Raum war genug vorhanden weil, das Land durch die Wenden nur dünn besiedelt war ohne diese prinzpiell zu verdrängen, aber daneben standen sicherlich auch christliche Motive. Ihnen wurde eine völlig freie Ausübung jedweder Gewerbe bewilligt und die Freiheit von allen Abgaben, so wie sie auch die Klosterleute erhalten hatten. Dadurch wurden dem Kloster die tüchtigsten Leute zugeführt. Es begann eine zeitlich zügige intensive Besiedlung des mecklenburgischen Landes. Innerhalb der ersten 40 Jahre entstanden 120 Kirchspiele, d.h. zu einem Hauptdorf gehörten 9 bis 15 kleinere Dörfer 1335 war die Besiedlung im großen und ganzen abgeschlossen. Die Siedler kamen aus den verschiedensten Gebieten westlich der Elbe, so z.B. in die Doberaner Gegend aus Westfalen, Friesland, Niedersachsen und aus Schleswig und Holstein.

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Das Dorf Glashagen erschien 1273 erstmals urkundlich, es war also innerhalb der ersten 100 Jahre nach Klostergründung entstanden und gehörte von Anfang an zum klösterlichen Eigentum. Die ersten Bewohner waren ausnahmslos Siedler. Sicher waren sie bereits Bauern, die als freie Leute ins Land gekommen waren. Sie genossen wie alle Klosterbauern einige Jahre Abgabenfreiheit bis zu ihrer wirtschaftlichen Festigung. Dann unterlagen sie der klösterlichen Abgabe der sog. Bede, die aus dem sogenannten Zehnten, dem zehnten Teil der Getreideernte und der tierischen Produkte bestand. Gleichzeitig betrieb das Kloster in eigener Regie, wie erwähnt, einige große Höfe (Grangien) mit erheblichen landwirtschaftlichen Flächen und florierender Viehzucht. Geführt von Mönchen, arbeiteten hauptsächlich Laienbrüder auf diesen als Grangien bezeichneten Höfen. Erster Hof war wohl der eigene Wirtschaftshof des Klosters, der Kammerhof in Doberan. Bis zur Gründung weiterer Höfe waren solche Höfe ausschließlich für die Versorgung des Haushaltes des Klosterbetriebes und wurden sicherlich zur Ausbildung des Personals für die in der Folge entstehenden weiteren Höfe.

Später entstandene Höfe nahmen Hand- und Spanndienste aus den Dörfern in Anspruch. Sie waren wirtschaftlich erstarkt leisteten neben dem Zehnten und einigen speziellen Abgaben diese Dienste als weiteren Teil der Abgaben an das Kloster. Die Forderung bestand aus acht Tagen Hand- und Spanndiensten pro Bauer. 1552 zum Zeitpunkt der Reformation gab es noch acht Bauern und einen Cossaten im Dorf Glashagen. [04] Bereits auf diese frühe Zeit ging diese noch harmlose Form bäuerlicher Leistungen an die Grundherrschaft, das Kloster, zurück.

Zusammengefaßt ist es den Klosterbauern die einmal ein Viertel aller Bauern im Land ausgemacht haben, besonders im Vergleich zu den übrigen dreiviertel im Land recht gut gegangen. Vielsagend heißt es seither: Unter dem Krummstab ist gut leben!

In Folge der Reformation und der Säkularisierung (Trennung von Staat und Kirche) erfolgte die Enteignung der Klöster im Jahr 1552 (Übergabe des größten Teils des klösterlichen Eigentums an den Herzog). Die Klosterbauern waren fortan Domanialbauern denen allerdings ihre klösterliche Herkunft für alle Zeit zugute kommen sollte. Es gibt in der geschichtlichen Beschreibung der bäuerlichen Verhältnisse bezüglich des Grades der Ausbeutung der Bauern verschiedene Urteile. Fest steht, daß die unter landesfürstlicher Hand stehenden Domanialbauern stets besser behandelt wurden als die unter Ritter-und Landschaftlicher Herrschaft.

Die zunehmende persönliche Abhängigkeit

Alle Bauern wurden von der Grundherrschaft von jeher nicht als Eigentümer, sondern als leibeigene Fronbauern, auch als Hintersassen bezeichnet. Die Glashäger waren Domanialbauern, weil Grund und Boden, Haus und Hof, alle Tiere sowie Werkzeuge, Ackergeschirr und Wagen, Saatgut selbst Ernte und alle Verbrauchs- und Lebensmittel dem jeweiligen Landesfürsten, hier also dem Schweriner Herzoghaus gehörten.

Ein Verhältnis, das mit dinglicher Leibeigenschaft bezeichnet wird. Persönlich war die Bindung an den jeweiligen Hof vertraglich gebunden und das Erbrecht an familiere Nachfolge unter Vorbehalt amtlicher Zustimmung zugestanden.

Die Bauern im Umfeld der ritterschaftlichen Güter hatten bis dahin zunächst ähnliche Verhältnisse. Die Herren entstammten einesteils dem Bereich der slavischen Fürstenfamilien oder waren andererseits deutschstämmig und vielfach für Verdienste aus zurückliegenden Kriegsleistungen mehr oder weniger begütert. Diese Familien verfügten anfänglich über mehr oder weniger große Ländereien, waren allerdings umgeben von Bauerndörfern, in denen viel Land und Menschen frei existierten. Diese Bauern waren immer der Willkür der örtlichen fürstlichen Familien ausgesetzt aber rechtlich persönlich nebst ihrem Land noch nicht deren Eigentum. Infolge der Sekularisierung und des Wechsels der Grundherrschaft vom klösterlichen Eigentum in landesfürstliches kam es zu einer grundsätzlichen Aufteilung der bäuerlichen Besitzverhältnisse dem ritterschaftlichen und dem domanialen Teil. Im ritterschaftlichen Teil wurde die absolute Unterwerfung der Bauern mittels Gesetzen betrieben. Beschlossen vom Landtag in dem die Ritter seit jeher die absolute Mehrheit hatten.

So beschloß man hier neben weiteren diktatorischen die eigenene Übermacht in allen Lebensbereichen festigenden Gesetzen auch die berüchtigten Reversalen von 1621, die §XIV den Zugriff nicht nur auf das Land der Bauern sondern auf Leib und Leben legalisierten. Das war vielfach die vielerorts schon praktifizierte Leibeigenschaft. Diese aufgesetzte Rechtmäßigkeit der völligen Einvernahme der Bauern wurde spätestens durch den Erbvergleich von 1755 untermauert.

Wollen und verordnen Wir, daß die Paursleute die ihnen umb gewissen Zins oder Pacht eingethane Hüfen, Acker und Wiesen, sofern sie kein Erbzinsgerechtigkeit oder dergleichen, gebührlich beyzubringen, den Eigenthums-Herren, auf vorgehende Loskündigung, nulla vel immemoralis temporis detentatione obstente, unweigerlich abzutretten und einzuräumen schuldig seyn sollen.

Herzogliche Reversalen von 1621

Das Beibringen der Briefe zu einem persönlichen Erbzinsanspruch war meistens unmöglich, weil es unüblich war an die aus den Siedlerfamilien hervorgegangen Nachkommen derartige Urkunden auszuhändigen. Dieses Verfahren führte zu einem imensen Hofsterben und zur absoluten Unfreiheit, der Leibeigenschaft, für die damalig größte Bevölkerungsgruppe in Mecklenburg.

Etwaiger Verlauf der landwirtschaftlichen Entwicklung im Domanialgebiet

Das Dorf Glashagen ist eines der beschriebenen Klosterdörfer, den Hof Glashagen gab es erst nach dem 30-jährigen Krieg ab ca. 1655. Regelmäßige gute Informationen über die Besiedelung des Dorfes gibt es ab der Zeit der Auflösung des Klosters 1552: Für das Dorf Glashagen wurden acht Bauern und ein Cossate (Kleinstbauer) genannt, die es noch 1628 gab. Die gesamte Dorffeldmark war kleinteilig vermessen und die Bewirtschaftung erfolgte in einer Art kommunalen Weise. Infolge der Auswirkungen des 30-jährigen Krieges (1618-1648) kam es im ganzen Land zur Zerstörung der vorhandenen Strukturen. Vor allem die verheerenden Menschenverluste des Krieges machten eine Neuaufteilung des vorhandenen, wüst darnieder liegenden Landes erforderlich. Nachdem bis 1750 in der Statistik nur noch von vier Bauern die Rede ist, wird die Kriegswirkung auch in Glashagen sichtbar. Seit den 1750-er Jahren gibt es im Dorf nur noch drei Bauernstellen. [04] In den 50-iger Jahren erfolgt im Zuge der Zwangskollektivierung die Enteignung, 1990 die Rückübertragung. Doch zurück in die Zeit der Entstehung:

Die Eigenart der Bauernwirtschaft des Domanialgebietes im 17. Jahrhundert war es, daß die Bauern neben der Bewirtschaftung ihres persönlich zugeteilten Landes zu wesentlichen Diensten auf den großen Höfen des unmittelbaren Umlandes verpflichtet waren. Für das Dorf Glashagen war das Gut Althof der Diensthof. Barnewitz schreibt dazu:

Die neuen Bauern besaßen ihre Hufen nicht nach der später üblichen Zeitpacht, sondern einer Art Eigentumsrecht. Es ist sicher, dass alle Ortschaften als Dörfer mit einzelnen Gehöften gegründet worden sind. Eine Ausnahme ist allein Hof Hütten, dessen alter Name Glashütten lautet. Hier waren nicht Ackerbau und Viehzucht vorrangig für die Standortwahl, sondern vor allem die Waldnähe zur Deckung des erheblichen Holzbedarfes für die Glaserzeugung und -bearbeitung. Eine solche Hütte konnte naturgemäß nur von der Grundherrschaft direkt betrieben werden. (Möglicherweise hat das benachbarte,erwähnte Dorf Glashagen, der Hütte die Arbeiter geliefert).

[04]

Die verschiedenen Wirtschaftsformen von den Dienstordnungen bis zu den Pachtverträgen

Die Glashäger Bauern leisteten im Zeitraum 1632 bis 1750 für den Hof Althof Dienste. Das schloß die eigene Arbeitskraft, die der Knechte, Dienstmädchen sowie die Bereitstellung der entsprechenden Gespannpferde oder Ochsen nebst Ackergeschirr und Wagen ein. Auf Althof dienten neben dem Dorf Glashagen noch die Dörfer Parkentin, Sievershagen, Schutow sowie Hohenfelde und Allershagen teilweise. In diesem Zusammenhang wird diese Wirtschftseinheit als eine Vogtei bezeichnet, die von einem Vogt geleitet wird. Das Doberaner Amt verwaltete seinerzeit über dreizehn Vogteien, mit 38 Dörfern. [64]

Die Pächter der großen Höfe zahlten an die Landesherrschaft für jeden ihnen zugewiesenen Dienstbauern 25-50 Thaler, auf jeden Scheffel Acker (auf den je nach Bodengüte 100-600 Quadratruthen gerechnet wurden) 24 Schillinge und für jedes Fuder Heu von 100 Quadratruthen einen Thaler. [19]

Die Hofpächter, bei denen gedient wurde, waren ihrerseits entweder brauchbare tüchtige Landwirte, freie Männer oder sie wurden als sogenannte Pensionäre bezeichnet, in dem Fall daß sie über die Erlegnisse des Hofes als eine Art Verdienst verfügten. Oft bekamen die Pensionäre die Hofpacht als Ausgleich für bestehende oder gewesene Beamtendienste. Sie pachteten zusammen mit dem Hof die Dienstbarkeit bestimmter Bauern. Der größte Teil der eigenen Pachtzahlung dieser Bauern waren die Dienste auf einem der erwähnten großen Höfe. Daneben waren direkte Abgaben an das Amt zu leisten. Die Verträge der Hofpächter wurden für mehrere Jahre zum mehrjährigen Fruchtgenuß abgegeben.

Trotz straffer Dienstordnungen war die Effektivität der Dienstbauern auf den Höfen wegen fehlender persönlicher Anreize und den zurückzustellenden eigenen Pflichten gering. Die notgedrungen zu leistenden Hof- und Frondienste der Bauern, besonders das fehlende Selbstwertgefühl und Motivation der geschundenen Menschen, hat jede große Lust und Liebe zum Tagwerk fehlen lassen. Auch die auf der eigenen häuslichen Hufe herrschende Kommunalwirtschaft mit den damals noch unseparierten Splitterflächen war in ihrer Anlage von vornherein uneffektiv. Infolgedessen war der Gewinn dieser Wirtschaftsform trotz der systematischen gegenseitigen Antreiberei häufig gering.

Die Menschen verbrauchten häufig einen großen Teil dessen, was sie mühselig erzeugt hatten. Traditionell üblich war gleichzeitig ein allgemein allzu großzügiger verschwenderischer Verbrauch an den selbst erzeugten Nahrungsmitteln. Tagelange Feste waren nicht nur zu den öffentlichen Feiertagen allgemein üblich. Offensichtlich spielten die Taufen eine besondere Rolle. Im Selbstverständnis des Landesfürsten verfügte der aber über den uneingeschränkten Besitz, also auch über das was verzehrt werden konnte.

In der Gesetzsammlung Band IV erscheint am 30. Dezember 1769 unter Kapitel XXXI. der Teil: Beschränkung des übermäßigen Aufwandes.

Ausschnitt des Gesetzestextes, Siehe nachfolgendes Transkript des aufschlußreichen vollständigen Textes.

Friedrich von Gottes Gnaden, Herzog zu Mecklenburg ect. Wiewohl wir schon in einer unterm 23. Oktober 1756 publizierten Patent=Verordnung unsere so ernstliche als Landesväterliche Willens=Meinung öffentlich kund gemacht haben, daß bei unseren Dominal=Unterthanen auf dem Lande alle schädliche Verschwendung und Ueppigkeiten bey Hochzeiten und anderen Zusammenkünften, wodurch nicht nur mannigfaltige Versündigung, sondern auch selbst der Ruin Unserer Bauern=Gehöfte und der zeitliche Schaden unter Uns eigen gehörenden Unterthanen veranlsset wird, gänzlich abgestellet seyn sollen; so vernehmen Wir doch zu unserem ungnädigen Mißfallen, daß gedachte Unsere Verordnung an vielen Orten in Vergessenheit gerathen sey oder doch größtenteils nicht gehörig befolget werde. Wir finden uns daher genöthtiget, diese Verordnung, mit Vorbehalt der durch ihre bisherige Nichtbefolgung verwirkten Strafen, zu Jedermanns Erinnerung und Warnung, Kraft dieses, öffentlich zu erneuern und zu schärfen. wie also unsere Dominal=Unterthanen und Hauswirthe, sie seyn Cossaten, Viertel= Halb= oder Vollhüfner, hierdurch aufs neue erinnert und ernstlich befehligt seyn sollen:

1. Bey Verlöbnissen überall keine Gäste einzuladen, folglich auch dabey keine Mahlzeit zu geben;

2. Bey Hochzeit niemals über 14 Personen, den Prediger und Küster ausgeschlossen, zum Essen zu laden, nicht mehr als einen Tag dazu anwenden, nicht mehr als überhaupt drey Gerichte vorzusetzen, auch nicht mehr als einen Tonne Bier dazu anzuschaffen;

3. Bey Kindtaufen niemand mehr als den Prediger und Küster nebst den Gevattern (Taufzeugen) oder höchstens noch einige der leiblichen Geschwister zu bitten, aber keine Speisen dabey zurichten und nicht mehr als aufs höchste eine Tonne Bier aufzulegen;

4. Bey Begräbnissen eben so wenig etwas zu essen zu geben, sondern überhaupt mit einer halben Tonne Bier es genug sein zu lassen; Darneben

5. Weder bey Verlöbnissen, noch Hochzeiten, noch bey anderen frölichen Begebenheiten Spielleute und Musicanten herby zu rufen, oder, es sey unter welchem Vorwand es wolle, dergleichen bei sich hören zu lassen;

6. Keine Pfingst=noch Fastnachts= oder andere Gilden zu halten noch dazu einiges Essen und Trinken anzuschaffen, und 7. kein Wettelbier aufzulegen;

so fügen Wir auch auch noch Hinzu, und wollen, daß von den Pensionarien Unserer Dominal=Höfe den Unterthanen überall kein sogenanntes Erndte=Bier in natura, sondern dafür der Betrag an Geld gegeben, mithin alle bey solcher Gelegenheit sonst gehaltenen Zusammenkünfte und Schwärmereyen gänzlich untersaget seyn sollen. Damit auch Unseren leibeigenen Dominal=Unterthanen keinerlei Anlaß und Verreitzung zu Übertretung dieser Unserer Verordnung gegeben werde, soll allen in unseren Domainen wohnenden freyen Leuten, gleichfalls hiedurch ernstlich, bei Zehn Gulden und nach Befinden härterer Strafe untersagt seyn, bey ihren Hochzeiten und anderen fröhlichen Zusammenkünften Musik zu nehmen, oder Musikanten herbey holen zu lassen.

Würde nun Jemand von unseren Domanial=Unterthanen dieser Unsrerer Verordnung auf einigerley Weise, sei es öffentlichoder im Geheim, entgegen handeln; so soll derselbe jedesmahl in zehn Gulden, nach Befinden härtere, Strafe verfallen seyn, in dem Fall aber, da er zum Abtrag dieser Geldbuße ganz unvermögend wär, auf desfals geschehene Anzeige Unserer Beamten, von Unserer Cammer mit proprtionierlicher Leibesstrafe unabbittlich belegt werden.

Solchermaß befehlen wir allen und jeden Unseren Haupt= und Amtleuten, Pensonarien, Schulzen, Befehlshabern hiermit gnädigst und ernstlich, auf die Befolgung dieser Unserer Verordnung genau zu achten, respective in de Übertretungs=Fällen die vorgeschriebene Bestrafung ungesäumt zu vollziehen, auch alles was über die erlaubte Maasse an Getränk gefunden wird, so fort zu conficieren und zum Besten nothlaeidender Unterthanen anzuwenden: Widrigenfalls sie bey versäumter Pflicht und unterlassener Bestrafung der Übertreter, jedesmal eine auch niemand abbittlicher Geldbuße von 20 Reichsthaler verwirkt haben sollen.

Damit sich auch niemand mit der Unwissenheit entschuldigen könne, so haben Wir die gegenwärtige erneuerte Verordnung nicht nur durch den Druck bekannt zu machen, und an den gewöhnlichen Orten zu affigieren, befohlen, sondern auch die Verfügung gemacht, daß selbige jährlich kurz vor der Erndte einfallenden Buß= und Bettage von den Canzeln verlesen werden soll.

Urkundlich unter Unserem Fürstlichen Handzeichen und Insiegel.
Gegeben auf Unserer Festung Schwerin, den 30. Dec. 1769

Die wesentliche Einnahmequelle und der Gewinn des Herzogliche Haus bestand vor allem aus den vom Amt und dessen Beamten einkassierten Erträgnissen der Bauernhöfe. Sie waren durch die Bauern zu erbringen und wurden natürlich so hoch wie möglich angestrebt. Auf diese Weise fand eine dauernde Auseinandersetzung zur Aufwandsminimierung und Ergebnismaximierung der Hofwirtschaft zwischen den Bauern und den Hofverwaltern (Vögten) statt. Gleichzeitig hatten die Dienste leistenden Bauern ja ihre eigene Wirtschaft im Dorf, deren Erträgnisse ebenfalls dem Landesherren gehörten. Die Herzoglichen Beamten hatten sich weitgehendst um das Zusammenspiel und selbstverständlich die Regelmäßigkeit der Abgaben zu kümmern. In diesem Zusammenhang ist natürlich der gesamte Selbstverbrauch an Konsumtionsmitteln eine unmittelbare Entnahme aus dem Eigentum der Grundherrschaft.

Zahllose beschwörende und teils wütende Aufforderungen zur Einschränkung der Lebenshaltung wurden bereits anno 1517 durch den Herzog Henricus Pacificus befohlen. Die Leute sollten auf ihre Kind-Taufen nicht mehr als zwölf Leute bitten: „ … welches den Bauern so schwer angekommen, daß sie gemeinet, sie hätten nie einen strengeren Fürsten gehabt.“ In der Polizeyordnung von 1572 wurde erlassen, in Dörfern und Städten nicht mehr als drei Gevattern zu bitten. Durch ein Edict vom 1. Juli 1699 ist dem Freßen in der Ernte Ziel und Maße gesetzt. In der Schultzen und Bauernordnung vom 1. Juli 1702, Pkt. 21 ist verordnet: „… daß ein Vollhüfner auf einer Hochzeit höchstens drei, ein Cosate zwei, und ein Kleiner eine Tonne Bier, nebst vier Eßen und eine Mahlzeit haben möge. Zur Kind-Taufe aber nur drei Gefattern gebethen – und mit einer Mahlzeit entlaßen werden sollen“.

Allerdings muß man wissen, daß man im domanialen Gebiet des Amtes Doberan seitens der Großherzoglichen Regierung halbwegs wohlwollendes Interesse an der Erhaltung des Bauernstandes hatte das sich wie ein Pastor C. Beyer schrieb, sich nach drei Richtungen hin erstreckte: Bauernschutz, Bauernschonung, Bauernhebung. [12] Die Balance sollten nun prizipiell die zu beschreibenden Ordnungen halten.

Wohlmeinend sind es allerdings wohl auch die ersten Arbeitsgesetze in Mecklenburg. Sie schrieben Leistungen vor und regelten Arbeits- und Pausenzeiten und folgten gleichzeitig dem Prinzip der Ausbeutung und Unterdrückung der Bauern.

Der nun geweckte Bedarf zur Verbesserung der Erlegnisse sollte durch Regulierungen erreicht werden. Die Optimierung der alltäglichen Abläufe und das Benennen von Pflicht und Schuldigkeit zwischen Bauern und Pächtern ist der naheliegende Grund dafür, daß eine Menge herrschaftlicher Ordnungen und Edicte entstehen. Einmal geht es um das Verhältnis der Dienstherren zu den Dienenden, und zwar in einer Amtsordnung von 1660. Diese Ordnung ist für die Vogte oder Pensionäre auf den Höfen verbindlich. Weiterhin um die Dienst,-Fuhr, und andere Ordnungen von 1709, mit den nötigen praxisnahen Regelungen und Vorschriften für die auf den Höfen dienenden Bauern. Es gab landesweite und enger gefaßte ämterweise Ordnungen. Für uns ist die speziell für das Amt Doberan im Jahr 17o9 erlassene Dienstordnung interessant.

Dienstordnungen regelten das tägliche Leben, sie wurden meistens ämterweise modifiziert herausgegeben. Sie dienten grundsätzlch der Erweiterung oder Untersetzung der übergeordneten landesweit gültigen Gesetze. Diese bestanden z. B. der 1572 erlassenen Policeyordnung und den in den 1620-ern herausgegebenen Reversalen und dem darauf folgenden Erbvergleich von 1755. Dem übergroßen Anteil der ländlichen Bevölkerung an den Gesamteinwohnern entsprechend, festigten sie das Untertanenverhältnis der Bauern und übrigen Landarbeitern zu den Landbesitzern. Die Dienstordnungen regelten alle Arbeits- und Lebensbedingungen der Bevölkerung auf dem Lande. Danach richtete man sich auch bei der bereits erwähnten vom Herzog Carl Leopold im Jahr 1709 ausdrücklich für das Amt Doberan erlassenen Ordnung.

Das Jahr 1773 bringt mit den sog. Regulierungen einer systematischen statistischen Aufmessung und Erfassung der Hufen die ersten Zeitpachtverträge (Glashagen 1793) in denen erstmals keine Hand- und Spanndienste mitverpachtet wurden, sondern die Bauern auf Geldpacht oder Dienstgeld gestellt wurden. Einige sogenannte Extrafuhren zu Schul- Pfarr- und Amtsbauten wurden ihnen nach wie vor auferlegt. Auch sind Salzfuhren oder der Transport von Arzt und Hebamme sowie der Fuhren zu Beerdigungen nach Steffenshagen zu nennen.

Mit diesen P a c h t c o n t r a c t e n – abgeschlossen namentlich zwischen den Bauern persönlich und dem Herzog Friedrich Franz von Gottes Gnaden, hat allein die aus dieser direkten Vertragspartnerschaft erwachsene Autorisierung die Hauswirthe, so nannte man die damaligen Bauern in dieser neuen Stellung, in eine bis dahin nicht gekannte Stellung innerhalb der Dorfschaft gehoben. Für die im Dorf Glashagen befindlichen Hufen I, II und III liegen solche Verträge für die Jahre: 1793 bis 1821 entsprechend 28 Jahre Laufzeit, 1836 bis 1850 entsprechend 14 Jahre Laufzeit und 1851 bis 1863 entsprechend 14 Jahre Laufzeit vor.

Inhaltlich steht im ersten Pachtkontrakt vom 15. Februar 1793:

So wird der Bauer im Domanium Hauswirt auf seiner Hufe, hat diese zur Nutznießung auf eine bestimmte Anzahl von Jahren, kann immer noch von der Stelle entfernt, oder auf eine andere gesetzt werden, eine Bestimmung die praktisch nie angewendet wurde. Die Weitergabe des Pachtverhältnisses an einen Sohn oder ausnahmsweise Tochter ist vertraglich zugesichert. Allerdings ist noch immer die Zustimmung des Amtes erforderlich, die quasi immer gegeben wurde.

Die Leistung der Spann-und Handdienste wurde im Jahr bereits 1778 aufgehoben, waren jedoch durch Geldleistungen zu ersetzen. Auch die spätere Aufhebung weiterer Leistungen war immer an einen gewissen Gegenwert an Geldleistungen durch die Bauern gebunden. So hielt sich das Großherzogliche Amt als auftretender Grundherr schadlos.

Diese Verträge, die nicht jedem Einzelnen, sondern dorfschaftsweise allen Hauswirten gemeinsam gegeben wurden, sind ausdrücklich als Pacht-contrakt bezeichnet und überlassen den Hauswirten die Hufen mit allen dazu gehörigen Ländereien, Gebäuden und Gerätschaft zur Nutzung für eine bestimmte Anzahl von aufeinander folgenden Jahren. Das Land war in sieben Schläge aufgeteilt, die nicht verändert werden durften. Die Fruchtfolge war ebenfalls vorgegeben. Eine Vorgabe mit Rücksicht auf die Bodenqualität und gewisse Erkenntnisse der Ertragsoptimierung. Die Verträge enthielten weitere umfängliche z. T. bevormundende Paragraphen. So erhält der Schulze nicht mehr die gewohnte Gratifikation, den Schulzenacker, sondern drei Reichsmark Entschädigung pro Jahr. Es bestand weiter Mühlenzwang, Verpflichtungen zur Wegebesserung, Salzfuhren für gespannlose Dorfbewohner, Sauhundausfütterung sowie wenige, unbezahlte Hand-und Spanndienste für die Allgemeinheit.

Als im Jahr die 1822 Leibeigenschaft durch den Landtag offiziell aufgehoben und die Bauern persönlich freie Untertanen wurden, hat man sich im Domanium zunächst nicht entschließen können, die Bauern durch Erbverträge auf eine sichere wirtschaftliche Basis zu stellen. Vielmehr wurden mit ihnen nochmals Zeitpachtverträge fortgesetzt abgeschlossen, die gleichzeitig mannigfaltige sonstige verpflichtende Bedingungen enthielten.

Verwirrend sind die im Laufe der Geschichte wechselnden Bezeichnungen für die Bauernstellen und deren Wirte in Mecklenburg und somit auch im Dorf Glashagen. Aus verwaltungstechnischen, steuerrechtlichen und/oder vermessungstechnischen Gründen erfolgten im gesamten Domanium Mecklenburg gelegentlich solche Umbenennungen. Die offiziellen Statistiken sprechen von Bauern, Vollhüfnern, Halbhüfnern, Drittelhüfnern, hier bezieht sich der Name auf die Fläche der Wirtschaft. Hauswirthe nennt man sie, in der Periode ab 1793, als sie reine Zeitpächter waren. Das wichtigste aber haben sie, das gesetzlich zugesicherte Erbrecht, allerdings nach wie vor nur mit Zustimmung des Amtes, die allerdings quasi immer gegeben wurde.


Am 16. November 1867 erfolgte ein Großherzoglicher Erlass zur Allgemeinen Vererbpachtung der Bauernhufen im Domanium. Über Generationen, seit 1793, galt ein Zeitpachtvertrag für die drei Bauernstellen in Glashagen als auch ringsherum im Land. Nun wurde allen Zeitpächtern die Übernahme der Höfe als Eigentum ermöglicht. Die Glashäger Höfe I, II und III wurden in den Jahren 1867 bis 1870 zu Erbpachtstellen. Somit wurde mit dem gänzlichen Erwerb der Höfe des Eigentumsrecht an Haus, Hof und Feld verbunden. Nicht ungern nennen sich die Bauern von dieser Zeit an nicht mehr Hauswirthe sondern Erbpächter.

Tatsächlich sind die Bewirtschaftungsflächen unserer drei Bauernhöfe mit ca. 42 ha, über die Zeit annähernd gleich groß geblieben. Die Lage der Gehöfte in der Örtlichkeit gehen aus der nachfolgenden Karte hervor:

Flurkarte von 1862 in einer Repro von 1907, bearbeitet von Ulf Lübs, 2020
Artikel aktualisiert am 30.05.2024