1919: Bürgermeisterwahl

Eine neue demokratische Verfassung trat 1919 in Kraft, Mecklenburg- Schwerin wurde Freistaat. Es kam zur Einführung des ersten deutschen Verhältniswahl-Gesetzes. Ein neuer Landtag und die Erneuerung der Form ländlicher Verwaltung folgten. Die Zeit der Herzöge und Großherzöge war vorbei. Wahlen waren angesagt.

Die Wahl betreffend traten zwei entscheidende Neuerungen in Kraft, die die Machtverhältnisse wohl auch im Dorf Glashagen auf den Kopf stellen sollten: Die Frauen durften erstmals wählen und das allgemeine Wahlalter wurde von 25 Jahren auf 20 Jahre herabgesetzt. Damit waren erheblich größere Wählerzahlen entstanden.

Durch den soeben verlorenen I. Weltkrieg (1914-1918) und die in seiner Folge aufgelöste Herrschaft des Großherzogs und aller dazugehörigen Strukturen-auch das allgewaltige Großherzogliche Amt Doberan wurde aufgelöst – herrschte im ganzen Land eine besondere Stimmung. Es fand erstmalig überall eine sehr besondere Wahl statt. Ein fortschrittliches Wahlgesetz ermöglichte das alles. Das Wahllokal im Dorf Glashagen war die Schule. Am 02.03.1919 fand eine Listenwahl statt, in der von 80 abgegebenen Stimmen der Lehrer Buß mit 54 Stimmen triumphierte. Der bis dahin amtierende Bürgermeister Erbpächter Jürges erhielt 26 Stimmen, für ihn eine Abwahl. Eine klare Sache für den Lehrer, er war der neue Bürgermeister. Am Tag danach, am 03.03.1919 traten Erbpächter Jürges und Erbpächter Heinrich Griese aus der Dorfversammlung zurück. Es waren nun gewählt: Lehrer Buß, Büdner Weitendorf, Arbeiter Heiden und Häusler Krohn.

Herr Lehrer Buß, nun auch nochBürgermeister, trat nach 12 Tagen wegen Krankheit zurück, der Büdner Weitendorf wurde zum Schulzen gewählt. Lehrer Buß blieb zunächst Gemeindevertreter. Am 30. Oktober 1922 ordnete das Amt Doberan eine Neuwahl des Bürgermeisters an. Nach geheimer Beratung im Dorf wurde beschlossen, die Neuwahl des Bürgermeisters anzusetzen. Nach der Abgabe der 78 Stimmen erhielt Herr Buß 50 und der bis dahin tätige Schulze Weitendorf erhielt 28 Stimmen. Damit war Herr Lehrer Buß wiederum Bürgermeister. Es kam beschlußgemäß am 2. Januar 1922 zur ersten konstituierenden Sitzung in Anwesenheit der alten und der neugewählten Dorfversammlung. Der älteste Abgeordnete, der Büdner Bartels leitete die Amtsübergabe vom Schulzen Weitendorf an den Lehrer und Schulzen Buß. Das vorgeschriebene Gelöbnis zur treuen Führung des Schulzenamtes wurde abgelegt. Gleichzeitig wurden zwei Schöffen (so nannten sich damals Stellvertreter des Schulzen) gewählt und vereidigt, erster Schöffe wurde der Erbpächter Herr Heinrich Griese, (der erste Schöffe ist immer der Vertreter des Bürgermeisters). Der zweite Schöffe der Forstarbeiter H. Heiden. Beide Schöffen wurde ebenfalls vereidigt. Bürgermeister Buß arbeitete ca. ein 3/4 Jahr in der Funktion bis zum 3. Oktober 1922. Am gleichen Tag wurde ein Neuwahl-Termin angesetzt auf den 8. Oktober 1922. Zu dieser Wahl kam es nicht. Vielmehr wurde der Stellvertreter und erste Schöffe Heinrich Griese als „Nachrücker“ eingesetzt. Von da ab war er Schulze im Dorf Glashagen. [5]

Herr Lehrer Buß trat 3.Oktober nicht nur als Schulze zurück, sondern er verließ die Gemeindervertretung endgültig. Offensichtlich ist man – wie wohl vielerorts auch – in unserem Dorf der neuen politischen Situation noch nicht gewachsen.

Artikel aktualisiert am 25.05.2023