Das Landschulwesen Mecklenburg-Schwerins in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Die Anhebung der Qualität der Volksschulen auf dem Lande hatte seit ihrer Entstehung im 18. Jahrhundert einen schwierigen Weg hinter sich bringen müssen. Besonders die allgemeine Niveauverbesserung und die Angleichung der ritterlichen Dorfschulen an die domanialen Schulen war bis Mitte des 19. Jahrhunderts, nicht gelungen.

Herzog Friedrich der Fromme (1756 bis 1785 regierend), der sich zeitlebens für die Verbesserung der Landschulen stark machte übernahm von seinem Vater und Vorgänger im Amt, Herzog Christian Ludwig II, bereits bei seinem Amtsantritt den gerade durch den Landtag bestätigten Landes-Grund-Gesetzlichen-Erb-Vergleich (LGGEV) von 1755. Dieser Vergleich besiegelte in den Paragrafen 495, 496 und 497 das schlimme Schicksal der ritterlichen Landschulen ein für allemal.

Das ritterliche Schulwesen in Mecklenburg

Der Landtag als gesetzgebendes Organ wurde dominiert von Abgeordneten, die meist gleichzeitig Besitzer der ritterschaftlichen Güter waren, und die sich mit o. g. Paragrafen den direkten Einfluß über ihre Schulen sicherten. Soweit, so schlecht! Damit war beinahe der Hälfte aller auf dem Lande lebenden Kinder der Zugang zu einer halbwezeitgemäßen Bildung versperrt. Die Trennung der domanialen zu den ritterschaftlichen Schulen war durch den LGGEV 1755 vollzogen worden. Die getrennten Auffassungen zu den ritterschaftlichen Landschulen zwischen dem jeweiligen Landesfürsten und den Vertretern von Ritter und Landschaft waren auch zukünftig nicht verhandelbar.

Eigentlich waren die Herzöge zu jeder Zeit um eine Verbesserung des Landschulwesens bemüht gewesen. Ihre politische Schwäche im Landtag hinderte sie auch zu diesem Thema an der Drchsetzung fortschrittlicher Methoden. Beispielsweise ein zeitlebens besonders um die Hebung der Landschulen bemühte Herzog war Friedrich Fromme von Mecklenburg. Er fand aus den 60-er Jahren des 17. Jahrhunderts mit den Fürstlich Mecklenburgischen Verordnungen wegen der Schulen und Catechismus Lehre in den Jahren 1685 bis 1694 ausdrückliche einschlägige Aufforderungen an alle Prediger, Küster sowie Schulmeister und Eingepfarrten vor. Diese mahnten und forderten Kirche und Schule zu mehr religiösen Aktivitäten in Schulen und besonders unbedingte Teilname von Groß und Klein an den Kirchenbesuchen. Danach hatten Prediger und Lehrer, jeder an seinem Platz, hauptsächlich die Katechismuslehre entsprechend der Kirchenordnung zu steigern und besonders die strengere wochentägliche Teilnahme der Gemeindeglieder an den Bibelstunden zu bewirken. Besondere Forderungen bezüglich des Lesens und Schreiben oder gar Rechnens erschienen erst in der Folge.

Im ritterschaftlich ständischen Einflußgebiet, in dem sich immer stur an die oben erwähnten wenigen Paragrafen des LGGEV von 1755 gehalten wurde, fand die herzogliche Schulordnung von 1771 in keinem Punkt Beachtung. Der Herzog veranlaßte im November 1772 eine Prüfung des Zustandes der Landschulen durch einen führenden kirchlichen Repräsentanten, den Superintendenten. Das Ergebnis war enttäuschend. In Wirklichkeit sah es so aus, dass allein die domanialen Schulen einem zeitgemäßen Anspruch an Schule gerecht wurden, während zu dieser Zeit die ritterschaftlichen Grundherren, die wie über alles andere, auch über ihre Schulen herrschten, in der Mehrzahl gleichgültig bis abwehrend oder garnicht handelten. Die Allermeisten hatten, wenn überhaupt, meist kümmerlich ausgestattete Schulen und negierten diesbezügliche landesherrliche Erlasse prinzipiell. So hatten in Ausübung der Bestimmungen des LGGEV von 1755 die ritterschaftlich-ständischen Schulen lediglich den allereinfachsten Anspruch an den Zweck der Schule: Jedermann solle das richtige Verständnis des Wortes Gottes erlangen.

Beispielsweise schrieb ein Prediger Reinhold darüber:

Die Kinder der zahlreichsten und für den Staat nützlichsten Klassen, der ärmeren Stadt- und Landbewohner werden leider nur sehr vernachlässigt und versäumt. Es sei nur 10-12 Wochen per annum Schule; die Kinder von 5-14 Jahren wären zusammen, und es werde nach den unzweckmäßigsten Lehrbüchern, wohlmöglich noch auf unzweckmäßigere Art unterrichtet. Es werde gelehrt in einem leiernden Tone ohne Sinn und Verstand zu lesen, die 6 Hauptstücke des eingeführten Katechismus ohne Anstoß, obwohl mehrenteils nach einer ganz falschen und allen Sinn ausschließenden Lesart aus dem Gedächtnisse herzubeten und wennes hoch kommt, seinen Vor und Zunamen mit den ungestaltesten Buchstaben hinzukritzeln. Ein Gewährsmann berichtete, daß ein Schullehrer mit 120 Talern Not leiden müsse, eine Stelle mit 60 oder 70 Taler dotiert, schon als gut und einträglich bezahlt gelte. Darum sei der Betrieb eines Handwerks für einen Schulmeister unerläßlich!

Es wurden Mahnungen und Aufforderungen zur durchgreifenden Veränderung beider Schulformen als Herzogliches Edikt erlassen. Der Innere Ausschuß erhielt davon ein Reskript mit dem Inhalt, daß jedes Dorf einen eigenen Schulkaten zu erhalten hätte und zu Schulmeistern (alte Bezeichnug für die Lehrer) allemal fähige brauchbare Subjekte, mit Zuziehung des Ehrenprediger des Ortes, in Gemäßheit des § 496 des Landesvergleichs, zum wahren Besten der Kinder zu bestellen wären. Ferner wünschte man, daß das Schulreglement der Domänen auch von der Ritter und Landschaft in ihren Gütern und Dörfern anwendlich gemacht werden müsse und solle. …

Endlich sei es an der Zeit, zur Ausbildung guter Schulmeister ein Schulmeisterseminar zu errichten, an welchen auch die Ritter und Landschaft sollten teilhaben können. Schließlich wurde die Zustimmung der Stände über das Vorstehende gefordert. Die Antwort kam prompt: Der Engere Ausschuß als Organ berichtete am 12. Dezember 1772, daß die Stände über den Inhalt des landesherrlichen Reskriptes vom November eine Entschließung nicht gefaßt hätten. Er gab jedoch seine Meinung dahingehnd ab, daß eine Beteiligung an dem Lehrerseminar große Schwierigkeiten haben würde, da von der Ritter-und Landschaft ein materieller Beitrag dazu gegeben werden sollte. Weiterhin störte man sich daran zukünftig nur Schulmeister anzunehmen, welche im Seminar ihre Ausbildung absolviert hätten.

Der Herzog ließ nicht locker und bestand gegenüber dem Landtag auf die strikte Umsetzung der LGGEV § 465 dergestalt, daß man zukünftig als mindestes die dortigen Festlegungen buchstabengetreu befolgen müsse. – Ohne Erfolg. Diesesmal lehnt man ab mit dem Verweis auf den § 199, der ganz allgemein jedwede Änderungen des LGGEV nur mit Zustimmung der Ritter und Landschaft ermöglicht und diese läge in diesem Falle nicht vor.

Ein weiters Mal verteidgt man die alleinige Herrschaft über die Schule, indem man durch eine allerhöchste Anordnnug nun auch noch die Mitwirkung des Superintendenten bei der Wahl des Lehrers ausschaltete. Damit war man wieder unter sich. Von dem in aller Regel seinem Gutsherren hörigigen Pfarrer war kein deisbezüglicher Ärger zu erwarten.

Unbeirrt ging glücklicherweiseaußerhalb des ritterschaftlichen Schulsystems die Entwicklung weiter. Es kam trotzdem 1786 zur Bildung eines Lehrerseminars in Ludwigslust das 1862 nach Neukloster verlegt wurde. Das Seminar wurde den zeitgemäßen Anforderungen an solch eine Einrichtung in jeder Beziehung gerecht. Die Ausstattung und Qualität des Unterricht der Auszubildenden wurde fortschrittlichen nationalen Ansprüchen gerecht und auf einem ordentlichen Niveau gehalten. Die Lehrpläne wurden periodisch angepaßt und die materielle Stellung der Studierenden wurde herzoglich gefördert und garantiert. Eine örtliche Schule war zur praktischen Übung in die Ausbildung einbezogen. Die ansonsten internatsmäßige Unterbringung der Studenten wurde durch Privatquartiere erweitert. Die Absolventenzahl stieg mehrmals. So wurden fortan gute Lehrer für die ca. 250 Domanialen Mecklenburgischen Landschulen ausgebildet.

Leider wissen wir, dass das Festhalten der Stände im Landtag am rückschrittlichen LGGEV 1755 gerade auf diesem Gebiet für einen auffallend schlechten Bildungsstand verantwortlich war. Die schlechte Entwicklung dieser Landschulen im alten Mecklenburg ist eines der vielen Beispiele für die Rückschrittlichkeit des Erbvertrages. Zur Untermauerung dieser These hilft nachfolgender, zeitgenössischer Textauszug.

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Tatsächlich beschäftigte das Landschulproblem über viele Jahre fast jede Landtagssitzung, dabei kamen einzelne Abgeordnete zu Wort die herzoglichen Vorschläge unterstützten, indem sie in ihren Zuständigkeiten gute Schulen betrieben. Sie erreichten leider lange Zeit keine Mehrheiten unter ihresgleichen. Vielmehr gelang es sogar noch die Kontrollfunktion des Superintendenten auszuschalten.

Im LGGEV von 1755 wurde an allem was Observanz war, nichts geändert: Bezüglich der späteren unguten Entwicklung der ritterschaftlichen Schulen wurden allerdings hier die Weichen gestellt. Im Domanium stellt der Herzog den Lehrer, im Ritterschaftlichen die Gutsobrigkeit, der Patron. Weiter verfügt der Vergleich, daß ohne Beibringung guter Zeugnisse fortan kein Schulmeister, weder im Ritterschaftlichen, noch im Landschaftlichen, noch überhaupt mehr angenommen werden solle. An dem Recht der Gutsobrigkeit, unter Zuziehung des Predigers den Dorfschulmeister unter beliebigen Bedingungen anzustellen, sowie über die Jurisdiction über denselben wurde nicht geändert. Den Predigern wurde erneut eingeschärft, pflichtgemäß die Schulmeister anzuleiten und die Lernerfolge zu ermitteln. Damit waren eigentlich Normen gesetzt, doch es änderte sich nichts, bis der Herzog 1756 den allgemeinen Schulzwang einführte.

1788 am 28. August: Herzog Friedrich erläßt eine Verordnung in der er verfügte: »daß schulfähige Kinder von ihren Eltern muthwilligerweise und ohne rechtliche Ursache sowohl aus den Winter- als Sommerschulen zurückhalten und durch vernachnachlässigte Beitreibung die auf solches mutwillige Zurückbleiben gesetzten regelmäßigen Strafen von der Schule und dem Katechismus Examen immer mehr entwöhnt werden.« Sinngemäß verweist er im Weiteren auf das landesherrliche Schulregelment von 1771 und eine bereits 1777 diesfallig erlassene Verordnung zur Bestrafung der Eltern und Schulzen, Schulmeister, auch schulhaltende Organisten und Küster vors Amt vorladen zu lassen und neben dem Besuch der Winter-und Sommerschulen auch das sonntägliche Katechismusexamen auf Nachträglichste zu registrieren und das dafür andedrohte Strafgeld duch Dorfschulze und Landreiter für den Ehren-Superintendenten einzutreiben, zu registrieren und dann der Anschaffung neuer Bibeln, Bücher und des benötigten Papiers für arme Kinder auszuhändigen. Nicht weniger ist zum Unterrichtsverhalten der Schulmeister nachzuforschen deren Fehlverhalten sofort, wie vorgesehen mit Geld zu bestrafen, über das in gleicher Weise verfügt werden könne.

Für den Fall, daß in einer Ortschaft (Höfe oder Dörfer) keine lohnende Anzahl von Kindern zu einer Schulgründung vorhanden waren, wurden auch sogenannte Gemeinschaftsschulen betrieben. Dabei gab es beide Konstellationen, nämlich die ritterschaftliche oder domaniale Hoheit für die Schule. Auch wechselnde Verhältnisse waren dann nötig, wenn der Eisentwicklung dazu zwang. Einzuhalten war die seit 1753 bestehende Schulpflicht. Die Schule begann im sechsten Lebensjahr und dauerte bis zur Konfirmation. Die Entfernung zur Schule durfte max. eine halbe Meile (3,5 km) betragen und die maximale Schülerzahl bei entsprechenden Raumverhältnissen 100 Personen.

1756 bis 1771 setzte Herzog Friedrich, der Fromme,(reg.: 1756-1785) eine Reihe von Gesetzen und Edikten in Kraft die im guten Sinne eine Umwälzung in der ländlichen Schulbildung nur zum Teil bewirkten. Der Herzogliche Befehl wurde vom Engeren Ausschuß abgeschmettert.

Um 1756 wurde die allgemeine Schulpflicht ab dem sechsten Lebensjahr bis zur Konfirmation eingeführt. Unterricht nicht nur im Winter, hieß Einrichtung von Sommerschulen ohne beliebige Verfügung aller Kinder für die Ernte. In der Folge erhielten Lehrer im Domanium ein gesichertes Einkommen sowie Wohnraum, Acker und Naturalien (als wesentlichste Vergütung) und Feuerung für Herd und Öfen. Die Ausbildung der Lehrer sollte einheitlich in noch zu bildenden Lehrerseminaren erfolgen, eine noch heute gebräuchliche Ausbildungsform.

Die Ritterschaft zeigte für diese herzogliche Pläne wenig Neigung. Die Einrichtung vor allem Finanzierung jeglicher Art von Lehrerbildung lehnte man ab. Die Lehrer unterstünden dem Willen des Gutsherren.

Das domaniale Schulwesen in Mecklenburg

In den Domänen, wo die Landesherren freie Hand hatten und nicht an irgendwelche Verabredungen mit den Landständen gebunden waren, entwickelte sich eine Anzahl organischer Schulgesetze, die bei einigermaßen Befolgung durchaus geeignet gewesen wären alle Belange des Landschulwesens ordentlich zu begleiten. 1771 gab Herzogs Friedrich für das Domanium ein normierendes Schulreglement heraus, in dem eine umfassende Ordnung zur höchstnötigen Verbesserung des Landschulwesens befohlen wurde. Auch die Vermehrung der Schulen sowie die Ausbildung der Lehrer und die nach und nach angemessene Dotation der Lehrer gingen in den Domänen Hand in Hand. In fünfzehn Hauptpunkten und ausführlichsten Bestimmungen zu ihrer Anwendung war ein, zu Recht als fortschrittlich zu bezeichnendes, vollständiges Werk erschienen. Diese Ordnung war in ihrer Vollständigkeit beinahe 100 Jahre lang durchaus geeignet das sich rasch entwickelnde Landschulwesen wesentlich zu begleiten. Im domanialen Gebiet ging man zügig an die nicht ganz billige Umsetzung der Ordnung, indem man die einheitliche Besoldung der Lehrer und ihre Behausung und Ausstattung mit Acker und Gartenland regelte. Organisiert wurden Schulzeiten und Unterrichtsinhalte nebst Stundenplänen und alle übrigen Festlegungen des Reglementes.

Die Schulordnung von 1821

1821 kam es endlich zu einer speziellen Ordnung bezüglich des Landschulwesens im ritterschaftlichen Gebiet, nachdem hier das Reglement für die Schulmeister in den Domainen vom 20. August 1771 von den Gutsherren im ganzen abgelehnt worden war. Nur freiwillig in dem einen oder anderen Punkt angewendet wurde. Es lohnt sich die Herangehensweise des Großherzog Friedrich Franz, dem Nachfolger des Herzogs Friedrich der Fromme aus seiner Einleitung zu hören:

„Indem in dem folgenden nach vorgewesener Beratung mit Unseren getreuen Ständen ein neues Gesetz zur Verbesserung des Landschulwesens ergehen lassen und in demselben nach Erklärung der Stände, die Last der Unterhaltung der Landschulen, ohngeachtet des aufgelösten Bandes der Gutsunterthänigkeit, (gemeint ist die Leibeigenschaft) fast ganz allein, wie bisher, dem Gutsherren verbleibt; so wollen wir dennoch dadurch den Grundsatz nicht aufgehoben haben, daß die Unterhaltung der Schulen eigendlich eine Pflicht und Last der Gemeinden ist, deren Kinder in der Schule gebildet und erzogen werden sollen, und deshalb behalten Wir Uns hervor diesen ganzen Gegenstand und die nachstehende Gesetzgebung, in verfassungsmäßigem Wege, einer Revision zu unterwerfen, wenn sich in Zukunft auf den ritterschaftlichen Gütern die Bildung eines Gemeinwesens erst mehr entwickelt haben wird, wobei sodann dem Gutsherren die jetzt zugeschriebenen Leistungen nicht als eine u n a b ä n d e r l i c h e Verpflichtung soll entgegen gesetzt werden können.

Dies vorausgesetzt verordnen wir nun hiermit wie folgt:

Vollständige Mecklenburgische Gesetzsammlung Bd.IV [08]

§ 1
Es müssen für alle auf dem platten Lande in Mecklenburg befindliche schulfähige Kinder hinreichende Schulen vorhanden sein. …

Es folgen bis Paragraf 7 einige ausführliche Bedingungen aus denen hier nur die wichtigste genannt werden: Zunächst die Vorschrift zur Schaffung einer Schule, wenn sie den Kinderzulauf zwischen 30 bis max. 80 Feuerstellen beinhaltet. Die Kinder sollen zu Gemeischaftsschulen für mehrere Ortschaften zusammen gefaßt werden, deren größte Entfernung voneinander höchstens 3,5 km betragen darf. Unter allen Orten ist wenn möglich das Kirchdorf als Schuldorf und der Küster der Lehrer. Stadtschulen dürfen nicht in in das Landschulsystem einbezogen werden.

§ 8
Ein jeder Schulort muß eine eigene, zu diesem Zwecke bestimmte Wohnung haben

§ 9
Zu Schullehrern können nur rechtliche und unbescholtene Personen, älter als 25 Jahre, werden, die ein gehöriges Organ, Vorkenntnisse in biblisch religiösen Themen haben und die Fähigkeit, einfach zu catechisieren um die Schüler auf die vom Prediger vorzunehmende Konfirmation vorzubereiten. Vorbereitung in deutscher Spache und Schrift recht und schön, Anfangsgründe der Rechenkunst bis zur Bruchrechnung und das Singen der Kirchenmelodien unterrichten können.

Ein separater Unterrichtsraum der einer festgelegten Schülerzahl entsprechen muß, mit genügend Tischen und Bänken (nichts weiter!) und ein heizbarer Ofen müssen vorhanden sein.

§ 10
Die Ausübung eines auf dem Lande erlaubten (LGGEV 1755), nicht störenden Handwerks soll zwar in den Nebenstunden, allemal aber nur außerhalb der Schulstube gestattet sein.

§ 11
In den Kirch= und Pfarrdörfern ist in der Regel der jedesmalige Küster auch Schullehrer, indessen bleibt die Anstellung eines anderweitigen Schullehrers unbenommen, in so ferne nicht bereits begründete Rechte dadurch verletzt werden.

§ 12
Die Anstellung und Berufung der Schullehrer verbleibt den Guts-Obrigkeiten und respektive den Patronen in Ansehung der Küster unter Beobachtungen der obigen gesetzlichen Bestimmungen. Bei einer eingetretenen Erledigung ist die Stelle spätestens binnen drei Monaten wieder zu besetzen, welches jedoch im Fall der Kündigung sofort geschehen muß. Die Einführung und Anweisung der Schullehrer geschieht nach zuvorigem Auftrage der Orts-Obrigkeit, durch den kompetierenden Prediger.

§ 13
Anforderungen an die Fähigkeit der Lehrer sinngemäß: Die zur Zeit des Inkrafttretens dieser Patentverordnung angestellten Lehrer verbleiben im Amt, wenn sie vom competenten Prediger ein Zeugnis, das ihnen bescheinigt daß sie den Kindern biblisch -religiösen Unterricht insoweit zu erteilen, daß sie konfirmiert werden und lesen können. Dieses Zeugnis erhält die Gutsobrigkeit. Im Falle, daß derjenige Lehrer das Zeugnis nicht erhält, kann er noch zwei Jahre auf der Stelle verbleiben. Die Prüfung kann innerhalb dieser Zeit bei vermeindlich falscher Behandlung oder nach besserer Vorbereitung wiederholt werden.

§ 14
Ausbildung neuer Lehrer sinngemäß: Da jeder seminaristischen Ausbildung seitens der Stände im Landtag eine Absage erteilt wurde, bot man hier eine eigene Version zur Lehrerbildung. Personen, die sich dem Schulfache widmen und im übrigen eine Lehrerausbildung absolvieren wollen, sollen sich bei einem Prediger nebenbei ausbilden lassen. Das geschieht nicht wie bei den Domanialschulen auf einem Seminar. Ein recht freies Verfahren soll jeweils über einen freiwillig sich meldenden, fähigen Prediger in einem Zeitraum von zwei Jahren in zwei Stunden werktags eine Ausbildung gegen 20 Reichsthaler pro Jahr und Zögling absolvieren. Danach erfolgt eine Prüfung bei einem Präpositus (nicht bei dem unterrichtenden Prediger). Die finanzielle Last liegt beim Lehrerkandidaten. Dieses Modell scheiterte in Praxis, weil sich keine Prediger als Ausbildende dazu meldeten.

§§ 13 bis 15
Erstmalig wurden in dieser Ordnung gewisse, näher bezeichnete Anforderungen an die Ausbildung der ritterschaftlichen Schulhalter gestellt. Der Bestand der Lehrer holt sich vom entspechenden Pastor eine Nachweis, daß er alle zur Konfirmation erforderlichen religiösen Kenntnisse (nicht Schreiben, Lesen und Rechnen!), vermitteln kann. Diesen Schein erhält der Gutsherr und der Lehrer kann unter den bisherigen Bedingungen in seiner Stellung bleiben. Erhält der Lehrer diesen Schein nicht, kann er noch längstens zwei Jahre bleiben um sich fortzubilden und sich danach einer Prüfung beim Präpositi stellen. Auf die berechtigte Forderung des Herzogs nach einer Lehrerbildung reagiert man hier auf naive ritterschaftliche Weise:

… und zwar auf die Anstellung der so gebildeten Schullehrer insonderheit Rücksicht genommen werden soll, so bleibt es dennoch jeder Gutsobrigkeit unbenommen, auch andere, nicht in diesen Instituten, sonst aber auf sonstige zweckmäßige Art und Weise zu ihrem Beruf gleichmäßig augebildete Personen, wenn sie nach vorgängiger Prüfung durch den Präposoritus für qualifizirt befunden worden, anzustellen.

§ 16:
Die Schullehrer, soweit sie nicht Küster sind unterstehen der Gerichtsbarkeit ihres Wohnortes und tragen alle ordentliche und außerordentliche Abgaben, welche verfassungsmäßig durch landesherrliche Edicte ihnen auferlegt werden. Auch sind sie den Bestimmungen unterworfen, welche künftig in Ansehung der Tragung von Gemeindelasten etwa festgestellt werden.

§ 17
behandelt erstmals in der Geschichte der ritterschaftlichen Schulen die Diensteinkünfte und Emolumente der Lehrer. Vorangestellt bleibt es diesbezüglich alles beim Alten für diejenigen, die schon eine Abrede und Zusicherung (auch eine schlechte?) besitzen. Bei künftig anzustellenden Schullehrern, die nicht gleichzeitig Küster sind, dürfen die ihnen auszusetzenden Dienst-Emolumente in nicht weniger als folgendem bestehen:

a) freie Wohnung; b) 100 Quadratruthen Gartenland einschließlich 20 Quadratruthen Feld für Leinsamen; c) an Feuerung einhalb mal mehr als ein Tagelöhner des Ortes erhält; d) Weide und Winterfutter für eine Kuh; e)Weide für ein bis zwei Schweine und einige Gänse, in so ferne das bei anderen Guts-Einwohnern üblich ist; f) 24 Scheffel (Rostocker Maaße) Roggen, zwölf Scheffel Gerste; g) den Schulschilling.

Es folgten die geldlichen Äquivalente, die dann auszuzahlen waren, wenn das angegebene Vieh, Land oder Getreide nicht ausgereicht werden konnten. Den Orts-Obrigkeiten blieb frei, den Schulschilling aufzuheben und den Lehrer anderweitig zu entschädigen. Dem Schullehrer darf nichts, von wem auch immer, auferlegt werden, wodurch er an der Verwaltung seines Amtes gehindert wird. Im Übrigen blieb es den freien Vereinbarungen zwischen den Orts-Obrigkeiten und den anzustellenden Schullehrern überlassen, unter welchen Bedingungen sie die Dienstkontrakte abschließen wollten. Es stand erstmalig eine wechselseitige, halbjährliche Kündigung frei. Dazu kündigte man um Ostern den Dienst, um zum 24. Otober des Jahres die Schule verlassen zu können. Vor allem für die Lehrer ein großer Fortschritt. Gutsherren konnten ihren Lehrern einseitig jederzeit kündigen. Wie sich zeigen soll wird er bis zur Aufhebung ritterschaftlichen Zuständigkeit für die Schulen beibehalten. Wo durch Vermächtnisse oder sonstige Stiftungen eine Einnahme für den Schullehrer stattfand, wurde sie auf das übrige Einkommen angerechnet. Es sei erwähnt daß alle Zuwendungen, in welcher Form auch immer, zusammen genommen erheblich unter denen an einer beliebigen domanialen Landschule lagen.

§ 18
Die Schulpflichtigkeit der Kinder fängt mit dem zurückgelegten sechsten Jahr an und dauert bis zur Konfirmation…… .

§ 19
Der Unterrricht muß fortdauernd, sowohl, im Winter, als auch im Sommer stattfinden. Die Winterschule fängt jedesmal mit dem 1. November an und wird in der Woche vor Ostern geschlossen. Die Sommerschule dauert von der vollen Woche nach Ostern bis zum 18. Oktober mit Ausnahme von sechs Wochen in der Erntezeit. Im Winter wird die Schule täglich 3 Std. des Vormittags von 9 bis 12 Uhr und 2 Stunden des Nachmittags von 1 bs 3 Uhr gehalten, mit Ausnahme des Mittwochs und Sonnabends Nachmittags, welche vom Unterricht ftrei bleiben. Im Sommer werden von dem Gutsherrn nach de obwaltenden Verhältnissen, zwei Tage in der Woche und zwei Stunden an jedem Tage zum Schulunterricht bestimmt. Es versteht sich, daß die dienenden Kinder auch in die Schule des Ortes in dem sie dienen, gehen müssen.

§ 20
Der Unterricht selbst ist elementarisch und darf nicht auf ein maschinenmäßiges Getreibe ausarten. Er erstreckt sich außer dem Singen der üblichen Kirchenmelodien, im allgemeinen auf die religiöse, sittliche Ausbildung der Jugend, durch den Elementar=Unterricht in der Religion, biblischen Geschichte und Moral, so auf die Ausbildung des Verstandes und Gedächtnißes, für den Beruf des Lebens auf dem Lande, insbesondere auch auf das Schreiben, mindestens für die Knaben, und auf die Erlernung des Rechnens, besonders des Kopfrechnens.

§ 21
Bis auf Weiteres verbleibt es einstweilen bei der Bezahlung des landüblichen Schulschillings für jede Woche, in den Wintermonaten, welcher für jedes schulfähige Kind an den competenten Schullehrer zu bezahlen ist. Für die Sommerschule wird nichts besonders bezahlt.

§ 22
Die nächste Aussicht über die Landschulen steht de competierenden Gut=und Ortsobrigkeiten, oder deren Stellvertretern zu; der Schullehrer hat denselben für jedes Schulhalbjahr die Schullisten zu behändigen, und sind schuldig und verbunden, darauf zu achten und zu halten, daß die Schulen vorschriftsmäßig besucht werden.

Den Predigern aber liegt es, nach Vorschrift des § 495. des LGGEV von 1755, als ein Teil ihrer Amtspflichten ob, die Schulen in ihren Gemeinden fleißig und mindestens alle Monate zu besuchen und den Schulmeistern Anleitung zu geben, wie sie die Kinder unterrichten sollen und selbige bei dieser Gelegenheit prüfen, um ihre Fortschritte im Unterricht wahrnehmen zu können. Die Unterlassung dieser regelmäßigen Schul=Visitationen, von Seiten der Prediger, soll auf das nachträglichste geahndet, und den Präpositen hierdurch aufgegeben sein, darauf, Daß selbige vorschriftsmäßig geschehen, ein wachsames Auge zu haben.

Schließlich wiederholen Wir hier die unseren getreuen Ständen schon gegebene Versicherung, daß Wir nicht allein fortfahren werden, wie bisher, ihnen in Unseren Domänen ein gutes Beispiel zu geben, dem sie nacheifern mögen; sondern auch noch besonders , daß die Kinder aus den ritterschaftlichen Gütern, welche in die Schulen der Domänen gehen, gewiß in keinem Stücke geringer gehalten und weniger gut unterrichtet werden sollen, als nach der vorstehenden Gesetzgebung es in den Landschulen Unserer getreuen Stände geschehen soll.

Urkundlich unter Unserem Handzeichen und Insiegel. Gegeben, Schwerin den 21sten Juli 1821. FRIEDRICH FRANZ

Am 15. Febr.

Schulvorsteher, Schulgemeinden

Ein echter Fortschritt hinsichtlich der Förderung des Landschulwesens wird durch eine Großherzogliche Verordnung vom September 1842 ins Leben gerufen. Alle Schulgemeinden waren ursprünglich von jeglicher Teilnahme an irgendwelchen schulischen Belangen ausgeschlossen. Während die Domanialschulen bis dahin alle Weisungen allein von den Ämtern erhalten hatten, blieben die ritterschaftlichen Schulen, weitgehendst bei den Festllegungen und Absprachen der Stände, ohne höhere Vorschriften, allein dem Gutsherren unterstellt. Quasi war er fast überall alleiniger Schulvorsteher und Vorgesetzter des Lehrers in einer Person. Die Bestellung von Schulvorständen an den ständischen Landschulen war freiwillig und wurde in den allermeisten Fällen abgelehnt. Glashagen hatte folgerichtig immer einen Schulvorstand.

An der Spitze des Schulvorstandes, der auch für die Industrieschulen zuständig war, stand der Bürgermeister, den zweiten Vertreter schlugen die Bauern und Büdner dem Amt vor, das ihn dann nach Abstimmung mit dem Prediger bestitgte. Die offizielle Vorstellung erfolgte durch den Pastor vor edr Gemeinde. in der Kirchgemeinde vorstellte. Dieser Schulvorstand beeiflußte alle mit der Schule zusammenhängenden Probleme wie:
a) Gebäude, Ländereien und Bestellung, Schulwege, Inventar, Lehrmittel, Fuhren.
b) Weiterhin Sorge um Schulbesuch und Benehmen der Kinder außerhalb der Schulzeit, Lebenswandel und Amtsführung der Lehrer und Anzeige von Unregelmäßigkeiten, Teilnahme an Schulinspektionen, Einführung neuer Lehrer, Beratungen mit dem Prediger über Unterrichtszeiten, Dienstscheine. Der Prediger erörtert halbjährlich mit seinen Schulvorständen alle anstehenden Schulangelegenheiten und neue Order und Gesetze.

Durch die domaniale Gemeindeorganisation von 1869 aus der die ersten Gemeindeverwaltungen hervorgingen, oblag die Bestimmung der Schulvorstände der Dorfversammlung. Gleichzeitig wurden die Schulvorsteher von den unter a) genannten Aufgaben entbunden, die fortan Angelegenheit der Gemeinden waren.

Artikel aktualisiert am 28.01.2024