Schulzen blieben seit der Ersterwähnung des Dorfes Glashagen im Jahr 1273 bis zur Gemeindegründung 1871, für ca. 500 Jahre, alleinige „bestimmende“ Vertreter des Dorfes. Erst danach wurden ihnen Dorfbewohner beigestellt, die entsprechend ihrer Unterfunktion Gemeindevertreter, Schöffen usw. genannt wurden und man sprach in den Gemeinden auch von Bürgermeistern, wie schon vorher in den Städten.
Barnewitz [04] beschreibt die Bevölkerungsentwicklung der Dörfer im ehemaligen Klostergebiet, auch für Glashagen, ab 1552, dem Zeitpunkt der Übergabe des Klostervermögens an den Landesfürsten. Er spricht von 8 Bauern und einer Büdnerstelle in Glashagen.
Im Dorf Glashagen wirtschaftete der Schulze nachgewiesenermaßen seit dem Zeitpunkt 1635 auf einer der drei größten Hufen, nämlich der Hufe II, die über viele hundert Jahre bis 1904 den Schulzen stellte. Der Schulze kam aus dem Kreis der drei Hufenbauern und wurde allein von diesen gewählt. Hier aus verschiedensten Gründen schon mal im Wechsel (siehe Chronologie oben). Später nach dem Inkrafttreten der Gemeindeordnung 1869 wurde der Dorfschulze vom Amt bestimmt und eingesetzt. 1919 dann erstmals von allen wahlberechtigten Bürgern gewählt. Diese recht demokratische Praxis hielt sich bis 1934. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden Bürgermeister, so hießen sie inzwischen, wiederum eingesetzt durch die in allen Lebensbereichen diktatorisch herrschende NSDAP, bis 1945. Nach der Kapitulation im Mai 1945 wurde der Bürgermeister durch die sowjetische Besatzungsmacht eingesetzt– bis 1948, dann wieder gewählt. Ab 1950 in regelmäßigen gesetzlichen Perioden durch sogenannte Volkswahlen gewählt.
Mit der Weimarer Verfassung 1919 galt das allgemeine Wahlrecht, Frauen hatten erstmalig ein Wahlrecht. Auch in Glashagen wurde die Wahl des Bürgermeisters erstmalig durch alle wahlberechtigten Bürger vorgenommen. Es wurden der Lehrer Buß und danach der Büdner Weitendorf zum Bürgermeister gewählt. Erstmals wurde keiner der drei Erbpächter der Hufen I bis III gewählt. Die Dorfschaft war von politischen Ideen beeinflußt – folgte dem Zeitgeist und nutzte die gewonnene Wahlfreiheit zu ganz eigenen persönlichen Willensbekundungen. Die wenigen Sozialdemokraten gewannen an Einfluss in Glashagen. Schon nach drei Jahren ist der Besitzer des Hofes III, Heinrich Griese wiederum diesesmal aber gewählter Bürgermeister (weiteres siehe auch Artikel Bürgermeisterwahl).
Damit waren bezüglich der Person die jahrhundertelangen Verhältnisse wieder hergestellt, in denen einer der größten Bauern, ausgestattet mit einer gewissen materiellen Kraft und sonstiger Autorität an der Spitze des Dorfes stand. – Wegen oder trotz Wahlfreiheit der gesamten Bevölkerung ?
GESCHICHTE DES SCHULZENAMTES:
Die Begründung des Schulzenamtes des Dorfes Glashagen geht auf die Zeit der Besiedelung in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts zurück. Die Besiedelung wiederum geht auf das Wohlwollen des in Schwerin regierenden Bischof Berno zurück, der mit größtem Eifer für die Verbreitung des Evangeliums eintrat. Ihm, dem ehemaligen Zisterziensermönch, gelang die Gründung einer Reihe von Klöstern, deren größtes und bedeutendstes das in Doberan war. Es entstand so, wie an vielen anderen Orten innerhalb des Klosterbereiches unter anderem die Siedlungsstelle des Dorfes Glashagen.
Liste der Glashäger Schulzen und Bürgermeister
Als Schulze, bzw. Bürgermeister in Glashagen konnten bislang ermittelt werden:
- 1704 Schultz Johann Bulle Hufe II [07]
- 1752 Claus Garbe Schulze Hufe II aus: Jahreszahl im Originaldokument d. Feldregisters
- 1792 unleserl.: Jochen Garbe Schulze Hof II
- 1821 Johann Garbe Schulze Hof II
- 1832 Interimswirth Niemann Schulze
- 1853 Christoph Borgwardt Schulze Hof II [Angaben 1792-1853 aus Pachtverträgen bei [01]]
- 1871 bis 1904, 10. Februar Erbpächter Borgwardt vom Hof II.unterschreibt letzmalig als Schulze
- 1904, 26. Mai war Erbpächter Jürges vom Hof I der Schulze
- 1919, am 2. März Lehrer Buß gewann mit großer Mehrheit die Abstimmung zum Schulzen gewählt, war jedoch nur bis 3. März 1920 Amtsinhaber.
- 1919,am 3. März wird Lehrer Buß zum Schulzen gewählt; der abgewählte Schulze Jürges tritt gemeinsam mit Erbpächter Heinrich Griese aus der Gemeindevertretung aus.
mehr … - 1920: Bürgermeister wurde Büdner Weitendorf
- 1922, Neuwahl, Lehrer Buß wird mehrheitlich gewählt, verzichtet, verlässt die Gemeindevertretung.
- 1922 Bürgermeister wurde Erbpächter Heinrich Griese vom Hof III
1935, 30. Januar: Auflösung der kommunalen Selbstverwaltung, d. h. Einführung des „Führerprinzips“. § 51: Der NSDAP-Beauftragte beruft im Benehmen mit dem Bürgermeister die Gemeinderäte.
- 1937, am 9. Februar, Bürgermeister war Hans Heinrich Griese vom Hof III durch Vereidigung. 1. Beigeordneter Statthalter Werges, 2. Beigeordneter Bauer Otto Breide
- 1939 , 30. März verstirbt Bürgermeister, Erbpächter Heinrich Griese
- 1939 Otto Breide Hof II wurde 2. Beigeordneter und nach Hans Heinrich Grieses Tod im März 1939 stellv. Bürgermeister.
- 1941 bis 1945, Bürgermeister in Vertretung war Otto Breide Hof II [letzter Eintrag im Protokollbuch des Dorfes; 05 ].
Nach Kriegsende 1945 wurden die Bürgermeister zunächst von der Sowjetischen Militäradministration für Deutschland (SMAD) eingesetzt. Die Gemeinden hatten dabei ein gewisses Mitspracherecht. 1948 wurden die Bürgermeister einmalig gewählt.
- 1945 Bürgermeister der Glashäger Häusler Friedrich Niemann wurde von Rechtsanwalt Knaak aus Doberan und einem Major der Roten Armee eingesetzt.
- 1948,am 1. Februar: Der Bürgermeister Friedrich Nieman trat freiwillig von der Funktion zurück, nachdem sein Antrag um Gehaltserhöhung von der Dorfvertretung mit 5:2 Stimmen abgelehnt worden war.
- 1948, am 12. März, Neuer Bürgermeister wurde der Glashäger Hans Krohn durch Wahl, als Stellvertreter wurde Willi Oldenburg gewählt. Weitere Mitglieder der Dorfvertretung waren Hans Uplegger, Herrmann Sommer und …Heiden. [15]
Nach der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) wurden lediglich die Parteien der Nationalen Front durch Wahlen bestätigt. Zuständig für die Besetzung der Bürgermeisterposten war die jeweilige Partei, der die Gemeinde durch Proporz zufiel. Für Glashagen war das die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED). Die eingesetzten Bürgermeister waren fortan Angestellte des Rates des Kreises. Formal wurden diese durch die Gemeindevertretungen im Amt bestätigt.
- 1950, am 15. Oktober, waren Wahlen zur Volkskammer, durch die gleichzeitigen Gemeinderatswahlen wurde der Glashäger Willi Oldenburg Bürgermeister.
- 1954/19.11. Willi Oldenburg übergab das Dienstsiegel an Heinz Baier.
- 1954 bis 1960 war Heinz Baier Bürgermeister
- 1960 Bürgermeister war Satower Dietrich Dürre
- 1973 bis 1990 Bürgermeister war der Retschower Hartmuth Schweitzer.
- 1990, anläßlich der 1. Kommunalwahl, unter den neuen politischen Verhältnissen wurde der langjährige Bürgermeister Hartmut Schweitzer wiedergewählt.
- 1994 bis 2014 war der Tierarzt Dr. Klaus Schoppmeyer Bürgermeister.
- 2o14 bis 2019 war der Stülower Berno Crzech Bürgermeister.
- 2019 Berno Czrech verlor das Amt durch Abwahl.
- 2019, 15. Dezember wird der Retschower angestellte Handwerksmeister Thomas Schubert durch Neuwahl Bürgermeister der Gemeinde Retschow.
Mit Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der BRD am 3. Oktober 1990 wurden die Bürgermeister gemäß den Kommunalverfassungen der neu gebildeten Bundesländer gewählt. In kleinen Gemeinden (unter 5000 Einwohnern) war das Bürgermeisteramt ehrenamtlich. Bis 1999 wurden die Bürgermeister indirekt durch die Gemeindevertretung gewählt, danach direkt durch alle Bürger.
Artikel aktualisiert am 25.05.2024