Zum 1. Januar 1876 wurden im gesamten Großherzogtum Schwerin Standesämter gebildet. Die Kirchenbücher, in denen bis dahin die Geburten, Eheschließungen und Sterbefälle registriert wurden, waren offensichtlich nicht mehr geeignet den zukünftigen Anforderungen zu genügen.
Dem voraus ging im Regierungsblatt 1875 unter Nr. 22 die Ausführungs-Verordnung zum Reichsgesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung, vom 6. Februar 1875. [15]
Ein Jahr zuvor war mit dem Reichszivilstandsgesetz die bürgerliche Ehe im Zusammenhang mit der Glaubensfreiheit proklamiert worden und somit an die Stelle der kirchlichen Trauung eine staatliche getreten. Ein durchaus erwähnenswerter Vorgang, zumal eine Fülle von Zuständigkeiten außer der Registrierung der Geburten und Sterbefälle gleichfalls an die noch einzurichtenden Standesämter überging
Die Rolle der Hebammen innerhalb des Systems der Geburtenerfassung, (im entsprechenden Abschnitt beschrieben), blieb bestehen. Nach wie vor waren sie verpflichtet alle Geburten unverzüglich der Kirche zu melden. Todesfälle wurden weiterhin von der Ortsobrigkeit sprich Bürgermeister an das Amt gemeldet. Die bisher mit der Listenaufstellung betraut gewesenen geistlichen Personen (Prediger) berichteten ihrer Leitung weiterhin über alles, bis zur Wirksamkeit des Gesetzes.
Von den Kirchenbüchern allgemein
In Mecklenburg hat die Revidierte Kirchenordnung von 1602 erstmals die Kirchenbücher erwähnt und zu ihrer Anlegung aufgefordert, dort hieß es wörtlich:
„Die Gevattern [Taufpaten] sollen Zeugen sein von der christlichen und wahrhaftigen Taufe des Kindes, welches auch zu unseren Zeiten, sonderlich um der Widertäufer willen, von Nöten ist, die da fürgeben, sie nicht wissen, ob sie getauft sind oder nicht. Derhalben auch die Prediger oder Küster die Namen aller Kinder, so getauft werden, und ihre Gevattern, in wisse Register zu allerhand Nachrichtung verzeichnen sollen, wie diese Gewohnheit auch in anderen Kirchen „…
aus Revidierter Kirchenordnung von 1602
Kirchenbücher waren seit Anfang des 17. Jahrhunderts von den etwa 390 Hauptgemeinden in Mecklenburg geführt worden. In ihnen wurden alle relevanten Angaben zu Personen von der für den Ort zuständigen Kirche und seinem Pastor oder Küster erfaßt , registriert und archiviert. Natürlich erkannte man amtlicherseits die Brauchbarkeit dieser Registrierungen. Damit verfügte man in den Ämtern über brauchbare Angaben z. B.in Steuerfragen für die Ableistung des Militärdienstes, Schullisten usw..
Schon die Beichtkinderverzeichnisse und später die sogenannten Martinilisten mußten durch die Pastoren seit 1799 pro Kirchsprengel zusammengestellt und dem Herzoglichen Amt zu Martini, am 11. November vorgelegt werden. Sie enthielten neben den Namen und Anschriften auch Angaben über Besitzverhältnisse und soziale Stellung oder Beruf der Dorfbewohner. Der Verlustgefahr durch Brände, Diebstahl oder Kriegshandlungen begegnete man ab der Mitte des 18. Jahrhundert mit der befohlenen Anfertigung von Zweitschriften aller Kirchenbücher.
Diese Listen wurden erst ab 1867 nicht mehr durch die Kirche beigebracht, sondern durch die Standesämter. Bei Bedarf wurde vorher auch die Zuarbeit für militärische Listen geleistet, mit deren Hilfe z. B. Einberufungen oder Rekrutierungen befohlen wurden. Die Planungen und Durchführung der jährlichen Einschulungen der Kinder und die Listenübersichten bei Impfungen hatten ebenfalls die Kirchenbücher zur Grundlage. Andererseits fertgten der Pastor oder sein Küster eine Vielzahl wichtiger Bescheinigungen die durchaus Urkundencharakter hatten. Neben Alters- Abstammungs-und Namensnachweisen auch Wohnsitznachweise und gerichtlich relevante Dokumente, wie die Geburts,-Tauf,-Konfirmations -und Ehe,-sowie Sterbeurkunden. Die Kirchenbücher sind wichtige Nachschlagewerke von erheblicher Bedeutung für geneologische Forschungen.
Abschließend ist festzustellen, daß die Kirchenbücher gewissen Anfälligkeiten bezüglich Regelmäßigkeit und Genauigkeit sowie Leserlichkeit bei der Führung ausgesetzt waren. Schlimmer noch waren Verluste und Beschädigungen verursacht von durchziehenden Truppen. Ausgesprochen heftig waren die Wirkungen des Dreißigjährigen Krieges. Unter Berücksichtigung dessen sind die Bücher allgemein dennoch recht sorgsam behütet worden und manchmal sogar vollständig vorhanden. Ein wertvolles Kulturgut, soweit existent zugänglich für jedermann im Landes-Kirchenarchiv Schwerin.
Das Standesamt Steffenshagen zuständig u. a. für das Dorf und Hof Glashagen.
Der Umfang der Standesamtbezirke entsprach dem der Kirchsprengel, in unserem Fall also die Ortschaften: Klein-Bollhagen, Hinter-Bollhagen, Vorder- Bollhagen, Glashagen Dorf und Hof, Reddelich, Brodhagen-Hof und Brodhagen-Dorf.
Die Anforderungen an die ehrenamtlich zum Einsatz kommenden Beamten waren nicht gering. Erwartete man von den eigens für diesen Zweck vom Amt eingesetzten Personenkreis eine noch absolutere Genauigkeit als die bislang in den Kirchenbüchern erreichte. Für alle Handlungen mußte bedingungslos staatliche Gewähr gegeben werden. Zukünftig oblag ihnen die Beurkundung aller Angaben zur Person als Urkunde einmal im Original in Form eines Schmuckblattes. Auf Antrag zu jederzeit als Duplikat bei Verlust o. ä.. Eine ordentliche Vereidigung dieser Männer mit quasi Beamtenstatus war selbstvertändlich. Der erklärte Schwerpunkt der Standesämter war sowohl das operative Geschäft, der Durchführung von Trauungen und die Führung eines Geburts,-Heirats,-und Sterberegisters. Die gesamte Tätigkeit war natürlich in einer besonderen gesetzlichen Bestimmung geregelt die abschließend den Passus enthielt: „Dem Ersuchen eines Standesbeamten haben andere Standesbeamte sowie Gemeinde-und Ortspolizeibehörden Folge zu leisten.“
Die Entschädigung des Standesbeamten war selbstverständlich auch geregelt, sie betrug lt. Regierungsblatt 1875 Nr. 22 : 2,00 Mark pro 25 Seelen im Jahr. Für den Kirchsprengel Steffenshagen bei 1140 Seelen insgesamt etwa 805 Mark.
Unser Standesamtbezirk bestand aus den gleichen Orten des bisherigen Kirchsprengels Steffenshagen und man nahm klugerweise einen früheren Insider, den Küster in seine Besetzung auf. So wurden dann in Steffenshagen der Gutspächter Ahrens vereidigter Standesbeamter und Küster Dau sowie der Schulze Bull aus Ober-Steffenshagen seine Stellvertreter. Wir wissen weiterhin, daß nach dem Tod des Standesbeamten Ahrens im Jahr 1899 der Küster Weber aus Steffenshagen neuer Standesbeamter wurde. Sein 1. Stellvertreter wurde der Schulze Barten aus Ober-Steffenshagen, der 2. Stellvertreter der Erbpächter H. Böckmann aus Nieder Steffenshagen. [05]
Nachweisbar ist, daß im vergangenen Jahrhundert bis etwa 1937 für die Einwohner von Glashagen das Standesamt in Steffenshagen, genauer gesagt in Obersteffenshagen, zuständig war. Geburten und Sterbefälle wurden hier gemeldet, registriert sowie die entsprechenden Urkunden durch den Standesbeamten angefertigt.
Eine Episode aus der Arbeitsweise des kleinen Standesamtes Steffenshagen ist überliefert: Am 5. Januar 1907 meldete der Erbpächter Emil Jürges aus Dorf Glashagen die Geburt eines Knaben an, der um 11 1/4 Uhr in seiner Wohnung geboren worden sei. Es wurde urkundlich festgehalten, daß das Kind einen Vornamen noch nicht erhalten hat. Erst am 22. Februar 1907 – also sieben Wochen später – erschien beim Standesbeamten der Pastor Theodor Otto wohnhaft in Obersteffenshagen, der dem Standesbeamten persönlich bekannt ist, daß inzwischen dem Kinde der Vorname Otto Jochaim Martin beigelegt worden sei. Dieser Vermerk wurde der Geburtsurkunde beigefügt, vorgelesen, genehmigt und unterschrieben vom Pastor Theodor Otto mit dem Standesbeamten Th. Weber.
So einfach und unkompliziert wurden 1907 Geburten angezeigt, sie werden heutzutage bei Erbschaftsangelegenheiten erneut ausgegraben und haben ihr volle Gültigkeit. [Qu.: Überliefert [25]]
Aus dem Protokollbuch des Dorfes Glashagen: 1923 , 15. Januar, Nachdem der Lehrer Gribnitz das Amt des Standesbeamten niedergelegt hatte, erklärt die Gemeinde Glashagen, daß sie mit der Aufstellung des kriegsbeschädigten P. Lange aus Ober-Steffenshagen als I. Standesbeamten einverstanden ist. Ebenfalls halten wir die Gehaltsforderungen von zwei Zentner Roggen in Geld umgerechnet, sowie die fünf Zentner Briketts für Heizung, Beleuchtung und Reinigung des Dienstzimmers für angemessen. [5]
Entschädigung für den Wegfall der Stolgebühren.
Ein Jahr nach der Einführung der Standesämter erfolgt eine gesetzliche Festlegung zum Thema, siehe Reg. Blatt 20/1876. Sogenannte Stolgebühren wurden und werden in der Kirche erhoben für Handlungen in Stola ( feierliches kirchliches Gewand des Predigers), hier sind u.a. die Taufe und die Trauung gemeint. Mit Einführung der Standesämter erhalten betroffene Pastoren und Küster eine Art Abfindung entsprechend ihrer bisherigen Einnahmen aus genannten Handlungen. Die Höhe der Abfindungen bezieht sich auf die Anzahl der Gemeindeglieder und sind für die einzelnen Kirchen unterschiedlich. In Steffenshagen erhält der Pastor 260 Mark für wegfallende Trauungen und 43 Mark für nicht stattfindende Taufen. Der Küster erhält 223 Mark für Trauungen und 38 Mark für Taufen. [15]